Das Gehirn kennt keine Muskeln

Faszien des Rückens
Ansicht der Rückenfaszien

Das Gehirn kennt keine Muskeln

Das Neugeborenen bringt bereits reflexhafte Bewegungsmuster mit (1). In diesen Mustern sind bereits die späteren Bewegungen erhalten, die wir für die Fortbewegung benötigen wie Umdrehen, Kriechen usw. Diese Grundbewegungsmuster sind die Grundlage für die komplexen Bewegungen, die wir später lernen.

Diese Grundmuster an Bewegung werden in der Kindheit vor allem im Kleinhirn gespeichert. Das Kleinhirn lernt vor allem in der Kindheit. Ähnlich wie der Thymus für das Immunsystem hört das Kleinhirn mit dem „großen“ Lernen am Ende der Kindheit auf(2).

Das Baby muss auch ein eigenes Körperbild aufbauen (3). Über Berührung, Ansprache und eigenes Tun bildet sich in den Assoziationsfeldern des Temporalhirns ein Selbstbild. 80 % der Informationen fließen Richtung Gehirn, nur 20 % fließen vom Gehirn weg und erzeugen Efferenz. Das Kind muss sich bewegend selbst erfahren. Die erlernten Bewegungsprogramme werden im Kleinhirn gespeichert und bei unseren alltäglichen Tätigkeiten angesteuert. Die Vielfalt an Rezeptoren in der Haut, den Gelenken, Hörsinn, Sehen, Gleichgewicht, Körperhaltung usw. tragen dazu bei, dass im Gehirn eine fein angepasste Bewegung und Anpassung an momentane Situationen in und außerhalb unseres Körpers, statt finden kann.

Ein ebenfalls sehr wichtiges System über das unsere Bewegungen gesteuert werden sind die faszialen Systeme. Stecco und Mayers beschreiben, dass ein Muskel nur über seine faszialen Einscheidungen wirksam sein kann. Beide Autoren beschreiben und stellen auch in Präpationen dar, dass es keine einzelnen Muskeln gibt, sondern Muskelschlingen, die vom Kopf bis zu den Füßen und Händen reichen. Faszien besitzen Rezeptoren und Schmerzfasern und können so auch Ursache für Schmerzsyndrome wie Rückenschmerzen sein.

Faszien sind Sinnesorgane. Ihre Kontinuität dient der Kraftübertragung. Die Verbundenheit betrifft allerdings nicht nur Muskeln und Knochen, sondern auch die inneren Organe, Arterien, Nerven, Hirn- und Rückenmarkshäuten und die Haut. Gerade durch diese Verbundenheit stellt dieses Netz für die Osteopathie einen wichtigen Ansatz zur Behandlung dar.

1 Robby Sacher, Angeborene Fremdreflexe, Elsevier

2 Joachim Retzbach, Geist und Gehirn 11/1017 S. 40-45, Kleines Hirn ganz groß

3 Christian Wolf, Geist und Gehirn 7/2018 S. 43-47 , Die Verkörperung des Geistes

4 Jakob Bellmund und Christian Doeller, Geist und Gehirn 11/2019 S. 12-19, Gedankenräume im Kopf

5 Luigi und Antonio Stecco, Odnova-Med, Fasziale Manipulation

6 Thomas Mayers, Urban und Fischer, Anatomy Trains

7 Klaas Stechmann, Faszien Selbst behandeln, KVM Medizinverlag